Der Verwaltungsrat der Pestalozzi-Stiftung Hamburg auf Tour
Zum dritten Mal ist unser Verwaltungsrat in diesem Monat auf eine Tour durch verschiedene Einrichtungen gegangen, diesmal leider ohne den roten Feuerwehrbus. Das gibt wieder die Gelegenheit, dass auch Ihr mehr über einige unserer Angebote erfahrt. Start war in Borgfelde, dann ging es in den Südosten nach Bergedorf-West und ins ländliche Reitbrook. Die Gastfreundschaft war groß, die Verpflegung ging von Sandwiches über selbstgekochte Kürbissuppe bis zu Selbstgebackenen aus der “Backwerkstatt”.
Kita Kinderburg in Borgfelde
Im zentral gelegenen Borgfelde begrüßten Dagmar Dose-Mau und Andreas Friess von der Kita Kinderburg in der Bethesdastraße die Gäste.
Beide hatten sich gleich in das imposante denkmalgeschützte Gebäude ‘verliebt’. Nach einigen Jahren Betrieb war mit “Kinderburg” ein neuer Name gefunden: das Haus im Herzen Hamburgs strahlt Stärke und Sicherheit aus – wie eine Burg, belebt durch Kinder. Die Kita hat über 80 Plätze und wird aktuell so umgestaltet, dass es bald einen Platz je Gruppe mehr gibt. Die Warteliste ist nämlich riesig und allein mit Geschwisterkindern ist die Auslastung weitgehend sichergestellt. Auch 2018 haben es Eltern in Hamburg noch nicht einfach bei der Kita-Platz-Suche!
Der Stadtteil Borgfelde ist demografisch relativ gemischt, in der Kita sind 24 “Nationen” vertreten, wobei die meisten Eltern in Deutschland geboren sind. Die Internationalität spiegelt sich auch im Team. Die Kita ist eine sogenannte SprachKita und beteiligt sich am KitaPlus-Programm, dadurch können sich zwei Kräfte verstärkt um die sprachliche Entwicklung von Kindern kümmern.
Auf den Fachkräftemangel stellt sich die Kita Kinderburg ein. Viele jüngere Mitarbeiter*innen werden während der Beschäftigung selbst Mütter und kehren meist in Teilzeitbeschäftigung wieder zurück. Seit Anfang Oktober wird die Kita von Lecker hoch drei mit Essen beliefert.
Die sozialräumlichen Angebote in Bergedorf-West
Weiter ging es bei schönem Herbstwetter nach Bergedorf-West. Hier haben wir seit Jahren zwei auf den Stadtteil orientierte soziale Angebote im Haus der Jugend Heckkaten, dem “Pink-Haus”. Die Angebote erläuterten ihre Arbeit und die Herausforderungen anschaulich und doch eingehend, die Besucher waren sehr beeindruckt.
Das ‘Familienteam’ Nestlotsen ist ein multiprofessionelles Team, das aus einer Sozialpädagogin und zwei Familienhebammen besteht, die (werdende) Mütter in Fragen und bie Schwierigkeiten rund um Schwangerschaft, Geburt und in der Zeit des Heranwachsens der Kinder bis 3 Jahren unterstützen – in Bergedorf-West, für Bergedorf-Kern, und in einigen Flüchtlingsunterkünften. Das offene Angebot besteht aktuell aus Yoga, Akupunktur, Babymassage und dem Eltern-Café. Es gibt auch eine Hebammensprechstunde und eine Sozialberatung. Bei der Intergrationsarbeit helfen zwei Dolmetscher*innen, es werden Deutschkurse mit Kinderbetreuung angeboten. Die Einzelfallarbeit ist ein zentraler Bestandteil der Arbeit, hier wird immer wieder auch Kindeswohlgefährdungen entgegen gewirkt. Und fast schon “nebenbei” engagieren sich alle auch stark in der Netzwerkarbeit für die Familien im Stadtteil.
Beim F.aktiv-Team steht die Einzelfallarbeit im Mittelpunkt. Zwei Sozialpädagog*innen beraten, unterstützen und fördern Kinder, Jugendliche und ihre Familien unterhalb der Schwelle einer ‘Hilfe zur Erziehung’. Besonders häufig beraten sie bei Behördenbescheiden und im Schulzusammenhang. Die beiden Sozialpädagog*innen engagieren sich nicht nur in Bergedorf-West, sondern auch in Boberg. Zwei rein spendenfinanzierte Angebote stärken den Zusammenhalt im Stadtteil: Seit dem Sommer gibt es das “Kinderrestaurant” im Spielhaus Nettelnburg. In Zusammenarbeit mit ProQuartier gibt es die “Kinder-Gärten” ganz nach bei der S-Bahn Nettelnburg.
Wolfhard Klatt als Vorsitzender des Verwaltungsrates stellte die Frage, welche Wünsche die Angebote haben. Die Nestlotsen würden sich gerne mit dem anderen Familienteam in Berne stärker vernetzen und streben auch mehr Vernetzung mit den Familienteams anderer Träger an, z.B. durch gemeinsame Supervision. Schön wären auch noch mehr Fortbildungen.
Die Ambulant Betreute Wohngemeinschaft “Alte Schule” in Reitbrook
Der letzte Besuch führte vom städtischen ins ländliche Bergedorf, nach Reitbrook.
Seit 2014 leben in dem von der Pestalozzi-Stiftung umgebauten historischen Gebäude – der namensgebenden alten Schule! – neun Menschen, deren geistige Behinderung nur ein Aspekt ihrer vielschichtigen Persönlichkeit ist. Eine übereinstimmende Erfahrung dieser Menschen ist, dass sie ihre Lebensorte immer wieder verlassen mussten oder wegen des ihnen zugeschriebenen problematischen Verhaltens erst gar keinen außerhalb des Elternhauses fanden. Durch eine großartige Förderung verschiedener Einrichtungen wie der Aktion Mensch konnte hier vor kurzem das Nebengebäude für die jetzt ausgelagerte “Integrierte Beschäftigungsstätte” errichtet und eingeweiht werden.
Die Einrichtung wurde in der Dorfgemeinschaft wundervoll aufgenommen. Markus Pithan, der das Angebot leitet, stellt nicht ohne Stolz fest: Früher war Reitbrook die Mühle und der Milchhof. Heute sind es die Mühle, der Milchhof und die Alte Schule.
Die 20 Mitarbeiter*innen im Schichtdienst wurden und werden intensiv auf die durchaus herausfordernde Betreuungssituation eingestellt. Sie können ihre Interessen und Stärken einbringen und so positive Akzente setzen. Das Team arbeitet in einem komplexen Schichtsystem mit Bezugsbetreuung und bietet viele Freizeitmöglichkeiten an: Disco, Schwimmbad, Radtouren, Gartenarbeit u.v.a.m.
Am Anfang waren die Bedingungen sehr schwierig, es gab Wasserschäden, Brandschutzauflagen, die Schalldämmung musste nachgeholt werden. Dann wurde das neue Haus errichtet. Seit einem halben Jahr ist es endlich relativ ruhig, ein Genuss für die Bewohner und das Team. Die Perspektiven für die Bewohner – aktuell sieben Männer und zwei Frauen – sind langfristig bzw. bis ans Lebensende ausgelegt; vereinzelt ist eine Verselbständigung angedacht. Die Nachfrage ist auch hier enorm: 50 Namen stehen auf der Warteliste.
Das Team wünscht sich Mobiliar für das Wohnzimmer, z.B. ein Sofa. Ein Verstärker für die Songwerkstatt wäre großartig (hier könnt Ihr übrigens spenden). Und ein weiteres bürgerschaftliches Engagement: Ein Obmann oder eine Obfrau – die/der muss nicht vom Fach sein – wäre dafür gut, um “von Außen” einen Blick auf die Bewohner zu gewinnen.
Der Besuch wurde gekrönt vom Unplugged-Auftritt der Songwerkstatt “ICH BIN HIER” (in kleiner Besetzung) – die sich übrigens über jede Auftrittmöglichkeit freut!